Mittwoch, 11. Februar 2009

Es Kommentiert Axel Müller vom Brandenburgischen Rundfunk

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Es ist Dienstag Morgen, meine Handyuhr zeigt 04:40 Uhr. Ich bin wach, 10 Minuten bevor mein Wecker klingelt. Ist ja mal wieder typisch. Wenn bei mir irgendetwas funktioniert, dann meine innere Uhr.
Dass die Nacht für mich nach knapp 4 Stunden bereits wieder vorüber ist, stört nicht weiter.
Sofort schießt mir ein ungewöhnlicher Ohrwurm in meinen Kopf. 'Oops, I did it again!'... Wie der dort hinkam? Stefan und ich hatten Zugang zu Youtube. Genauere Informationen möchte ich hierzu nicht veröffentlichen. Es hätten sich weitaus gefährlichere Lieder in meinen Schädel einnisten können. 'Hey Mister Wichtig, du tickst ja nicht ganz richtig...'
Zum Glück ist der Koffer schon gepackt. Nur noch Zahnbürste und Schlafklamotten eingesteckt, dann wird es Zeit, Stefan wieder in Ruhe zu lassen. Es ist mein Abreisetag.

Draußen sind es 7°C unter Null, so zeigt es die große digitale Anzeige an der Tankstelle. Verwundert mich eigentlich, denn mein Windbreaker hält für diese Temperaturen erstaunlich warm. Mit konzentrierten Kräften ziehe ich meinen Koffer durch die von Eis verkrusteten Gassen. Wieviele Leute wohl vom Scheppern der kleinen Rollen wachgeworden sind? Ich fürchte, dass ganz Reykjavík meine Abreise wahrnimmt. Auf dem Weg zum FlyBus Richtung Flughafen laufe ich an dem Teich entlang. Der Himmel ist hier weniger vom Licht der Stadt erhellt. Noch einmal drehe ich mich in Richtung Norden. Ob der Himmel doch ein Nordlicht als Abschiedsgeschenk für mich bereithält? Nein, leider nicht. Dafür wird mein Ohrwurm von einem anderen gefressen. 'Die Nordlichter geben sich heute die Ehre, also werft Eure Hände in die Athmosphäre'... Schon besser!

Meine Sorge, keinen Sitzplatz in dem Bus zu bekommen, ist unbegründet. Die Nachfrage zu dieser frühen Stunde hält sich wohl in Grenzen, denn für die wenigen Anwesenden wird ein 12-Sitzer bereitgestellt.
Wir verlassen die Stadt Richtung Flughafen. Schwefelgeruch dringt immer wieder durch die Lüftung. Ich muss an die heißen Quellen Islands denken, die blubbernd ihren fauligen Geruch an die Oberfläche entlassen. Nie zuvor hatte ich so etwas derartiges gesehen, gerochen vielleicht schon. Da kocht Wasser inmitten einer Schneelandschaft! Der Dampf nahm uns die Sicht, als wir diese Kraterwaschküche auf ausgewiesenen Pfaden erforschten. Ein Schild warnte uns vor möglichen Dampfexplosionen – Ja, Danke für den Hinweis!
Das war am Sonntag, dem letzten von 3 Tagen Islandexkursion.

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Unser treues Gefährt, ein Nissan Micra wurde während der Zeit auf harte Proben gestellt. Mit Sicherheit hat der Wagen nun mindestens ein paar weichere Stoßdämpfer. Auch haben wir gelernt, dass Geschwindigkeiten von wenigstens 100 km/h auf eisverkrusteten Pisten und schlaglochübersäten Schotterwegen dem Auto sowohl Auftrieb als auch Stabilität verleihen. So mussten wir Unebenheiten nicht ausweichen, sondern konnten direkt darüber hinwegfliegen... Ansteigende vereiste Straßenabschnitte wurden ohne mit der Wimper zu zucken mit kreischend durchdrehenden Vorderreifen genommen. Mithilfe dieser Strategien gelangten wir an Orte, die sonst eher den sonnenbebrillten Fahrern moderner SUVs, ausgestattet mit metergroßen, tiefprofilierten Rädern vorbehalten war.

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Ausgelassene Unterhaltung lieferte unser tschechisches Crewmitglied Lukas (ausgesprochen: Lukasch). Wenn er einmal nicht auf wildentschlossener Fotosafari in der Botanik herumjagte (beachtliche 500 Fotos in 2 Tagen, kein Motiv blieb unentdeckt!), versorgte er uns mit reichhaltigem Wissen aus dem tschechischen Sprachgebrauch. Stefan wird mich wohl in Zukunft nur noch mit einem sinnfreien 'Buglugg' begrüßen, woraufhin ich mit einem spontanen 'Gyglobb' antworte... Wenn das mal nicht an die Konversation von Extraterrestriern erinnert...
Nachdem wir uns von unseren tränentreibenden Lachanfällen mal wieder erholt hatten, genossen wir das was wir von Island geboten bekamen. Musikalisch unterlegt wurden Schnee, Eis und erkaltete Lavaformationen von New Order und Arcade Fire. Dann wurde es plötzlich wieder still im Wagen und jeder ließ sich von der einzigartigen Schönheit des Blau-Weiß-Gemisches außerhalb der Wagenscheiben berühren.

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Nur wenn wir schroffen Felsen oder von Wasserfällen natürlich erschaffenen Eisbahnen begegneten, erwachten wir wieder aus unserer Melancholie und wir ließen das Kind in uns toben, bis wir uns ausgeklettert und -geschlittert hatten.

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Lukas derweil demonstrierte Erwachsenheit und betrachtete unser Treiben aus sicherer Entfernung – mal skeptisch, mal amüsiert.
Gestern am 09.02.2009 wurde er 23 Jahre alt. Wir waren auch eingeladen zu einer gemütlichen kleinen Feier. Es wurden schwere kulinarische Geschütze aufgefahren, von Gullasch über mit Soljanka vergleichbarerm Eintopf bis hin zu jeder Menge Kuchen und Desserts. Ein Hoch auf die tschechischen Kochkünste! Eine fabelhafte Gelegenheit auch, meine Englischkenntnisse zusammen mit den anwesenden Erasmus-Franzosen aufzufrischen. Es ergab sich ein sprachliches Kuddelmuddel aus Deutsch, Englisch und Französisch. Jeder warf ein, was sein individueller Wortschatz hergab. Ein wahres Feuerwerk der Vokabeln!

Jetzt, am Morgen danach bin ich also auf meinem Heimweg. Ich habe den Flugplatz inzwischen erreicht, das Gepäck ist in den unergründlichen Tiefen hinter den Check-In Schaltern verschwunden. Die Sonne wird erst in ein paar Stunden aufgehen, mehr oder weniger. Großzügig den Wecker gestellt, die Schlummerfunktion bis aufs Äußerste ausgereizt, wird irgendwann auch Stefan sich aus dem Bett quälen...

Stefan, es war eine helle Freude! Danke für Alles, was ich mit dir erleben konnte. Ich hoffe, du hast noch ein paar weitere unvergleichliche Tage in den verbleibenden Monaten.

Ich glaube, dass das Universum nur ein Quantum einer viel größeren Welt ist, was meinst du?

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Gyglobb!

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