Montag, 24. November 2008

Gibt es "das Ende der Welt" ?

Liebe Mitglieder der Zivilisation,

für mich hat sich die Frage an diesem Wochenende beantwortet - denn ich habe es gesehen. Unser Plan am vergangenen Wochenende die Westmännerinseln zu besuchen hielt sich bis zum letzten Freitag Morgen, als uns unser Freund Pascal anrief um uns zu fragen, ob wir bereit wären Dinge zu sehen, die noch niemals ein Mensch zuvor gesehen hat. Na ja, jedenfalls nicht allzu viele Menschen. Da in der Wintersaison (September - Mai) die Preise für Mietwagen enorm gesenkt werden war es für uns möglich, einen großen Geländewagen für umgerechnet 12€ pro Tag und Person zu bekommen. Mit diesem Panzer bewaffnet und lange Unterhosen, Handschuhe und Mützen im Gepäck, ging die Reise am Freitag Abend zum Mývatn los. Der Mývatn liegt ganz im Norden von Island, bei circa 66° Nord, also sehr nahe am nördlichen Polarkreis. Doch bis zu diesem Ziel lag noch eine lange und doch recht gefährliche Autofahrt vor uns. Straßen waren nach unserer Definition fast nicht mehr vorhanden - viel mehr Bestand die Route aus Schotterpisten die gänzlich mit Eis- und Schneeschichten überzogen waren. Vorbei an - und durch - wirklich bizarre Lavalandschaften, führte uns die Route immer weiter nordwärts. Erschwert wurde die Orientierung immer mehr durch starken Schneefall und die alles umschließende Dunkelheit. Die Scheinwerfer unseres Allrad-Betriebenen Gefährtes waren oft für lange Zeit und für viele Kilometer die einzigen Anzeichen der Zivilisation. Man hatte den Eindruck, dass man auch genauso gut auf dem Mars hätte sein können. Wie aus dem Nichts tauchte nach knapp 400KM dann auf einmal die zweitgrößte Stadt Islands vor uns auf. Akureyri nennt circa 20.000 Einwohner sein Eigen und kann mit Recht als Perle des isländischen Nordens bezeichnet werden. Wie diese Stadt so da stand - mitten im Nichts aus Schnee, Eis und Lavagestein und in ihrem wunderschönen Weihnachtskleid - man konnte sich leicht vorstellen das der Weihnachtsmann diesen Ort als sein zu Hause aus erküren würde. Nördlich von Akureyri wurde die Gegend noch verlassener, was eigentlich kaum noch möglich war. Auf den folgenden 150KM nach Reykjalið am Mývatn begegneten wir vielleicht drei anderen Fahrzeugen. Um circa 1 Uhr Nachts erreichten wir dann unser Guesthouse und trafen natürlich - wie konnte es anders sein - auf eine Gruppe Deutsche und Österreicher, die wir selbstverständlich auch aus der Universität kannten. Man fährt an das Ende der Welt und trifft: Deutsche - Natürlich!

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unser Guesthouse

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das Stadtzentrum - Tankstelle & Supermarkt

Der Ort Reykjalið wird ein wenig großspurig als das Touristische Zentrum des Mývatn bezeichnet. Die Auszeichnung erhält der Ort weniger durch die hohe Bevölkerungsanzahl (112 Einwohner) als viel mehr durch die Anwesenheit einer Touristeninformation im einzigen Supermarkt vor Ort. Geworben wird für den Mývatn im übrigen damit, dass in den Sommermonaten ungeheure Schwärme von Mücken den See bevölkern - daher auch der Name: Mývatn = Mückensee. Na ja, darüber kann ein Spreewälder natürlich nur lachen! Der Mývatn ist ein See, der durch das Auseinanderdriften der Nordamerikanischen und der Eurasischen Platte entstanden ist und auch das gesamte Gebiet um den See herum ist geologisch sehr aktiv. Überall fallen Vulkankegel in´s Auge oder die Vulkanische Aktivität wird sichtbar in Form von stinkenden, dampfenden Schwefelfeldern. Der Ort Reykjalið selbst ist übrigens im 17. Jahrhundert opfer eines Vulkanausbruchs geworden, welcher nahezu alle Häuser des Ortes zerstört hat. Einer Sage zu Folge flüchteten sich alle Bewohner in die kleine Kirche des Ortes und der Pfarrer brachte die anrückende Lavafront mit ausgebreiteten Armen zum stehen. Fakt ist, dass damals kein einziger Bewohner des Ortes zu Schaden kam.

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Schwefelfelder

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Vulkankrater im Morgengrauen

Am frühen Samstag morgen führte uns unsere Route weiter in den Norden, mit dem Ziel Húsavík. Die Route führte über eine kleine, einsame und vereiste Passstraße, deren Schönheit wohl kaum noch zu überbieten ist. Wir durchfuhren diese Gegend zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages und diese Kombination der Farben war einfach atemberaubend.

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unsere Route

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weiß, blau & rot

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unser Gefährt und die Kasi

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Sonnenaufgang am Polarkreis

Nach circa 2 Stunden Fahrt erreichten wir gegen Samstag Mittag dann den Ort Húsavík. Dieser besitzt zum einen als Fischerort eine überregionale Bedeutung, zum anderen beherbergt das kleine Städtchen aber auch das meist frequentierte Museum Islands - das Penismuseum. Im Rahmen dieses höchst Wissenschaftlichen Projektes werden die männlichen Geschlechtsorgane von verschiedensten Tierarten ausgestellt. So auch ein Pottwahlpenis mit folgenden beeindruckenden Werten: 1,70m Lang, 0,5m dick, 70kg schwer. Auch Exemplare der Menschengattung sollen demnächst folgen - nur leider sind die potentiellen Spender bisher noch am Leben.

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die Bucht von Húsavík

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der Hafen

Wer jetzt die Bilder des Phallusmuseum vermisst der sei ein Blick auf den nächsten Eintrag in Kasis Blog empfohlen.

Am Samstag Abend besuchten wir dann noch ein Natur-Bad in der Nähe unserer Unterkunft. Ich muss sagen, dass ich wirklich selten in meinem Leben etwas derart Abstruses gemacht habe, als bei -9°C Außtentemperatur und Windstärke 5 nur mit einer Badehose bekleidet durch den Schnee zu laufen. Belohnt wurde diese wahnsinnige Heldentat dann jedoch mit circa 40°C heißem Wasser, schwarzem Lava-Sand und einem überwältigendem Sternenhimmel über uns.
Nach einer weitern Übernachtung im Guesthouse in Reykjalið machten wir uns am frühen Sonntag Morgen dann auf den Heimweg, natürlich nicht ohne noch einmal an zahlreichen beeindruckenden Angebereien der Natur anzuhalten.

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Sonnenaufgang kurz hinter Reykjalið

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Dettifoss

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das "Exkursionsteam"

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kurz vor Akureyri

Alles in allem war es der wohl bisher schönste Trip hier auf Island, obwohl die verschiedenen Regionen kaum miteinander zu vergleichen sind und jede einzigartige Landschaft bietet. Aber die Kombination aus Weite, Einsamkeit und Schönheit hab ich in dieser Form vorher noch nie so gesehen. Man hatte halt wirklich das Gefühl am Ende der Scheibe angelangt zu sein..........

Liebe Grüße aus dem Mittelalter,

Stefan

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